IMGP7103-scaled Der Sinn des Lebens (2023)
Wasserleitung in der Alhambra, Granada

Was ist der Sinn des Lebens?“, fragte mich meine Ehefrau, nachdem sie ihren geliebten Onkel in Kamerun gerade an einen tückischen Tumor verloren hatte und deshalb sehr traurig war. „Warum werden wir denn geboren, wenn wir dann doch wieder sterben?“. „Nun, es gibt keinen Sinn.“, so meine Antwort, „Außer, du gibst dem Leben deinen Sinn.“ Es folgte ein längeres Gespräch, in welchem wir unsere Standpunkte austauschten. Sie erzählte mir von ihrem Gottesglauben, sie war katholisch geprägt, und dass sie früher immer Trost in der Vorstellung fand, dass es einen gütigen Gott gibt, der über alle wacht und ein Leben nach dem Tod im Paradies. Aber seitdem sie mich kannte und ich ihr meine Sichtweise erklärt hatte, war sie von ihrem Glauben immer weniger überzeugt. Ich habe eine naturwissenschaftliche Sicht auf die Welt und bei transzendentalen Gefühlen bin ich immer vorsichtig. Nicht, dass es die nicht gibt. Gefühle gibt es, die sind aber immer subjektiv und auf den Einzelnen bezogen. Gefühle kann man einem anderen so schwer beschreiben, wie man jemanden eine bestimmte Farbe erklärt. 

Das ist immer ein Vergleich mit etwas Anderem, aber ob der Andere den gleichen Sinneseindruck hat, kann man nie hundertprozentig sicher sein. Für mich ist der Glaube an Gott etwas für Denkfaule und Menschen, die noch das wohlige Gefühl aus der Kindheit mit ins Erwachsenenalter retten wollen, dass da ein „großer Bruder“ und inzwischen auch „eine große Schwester“ ist. Natürlich habe auch ich ein Gefühl von Glück und Überwältigt-Sein, wenn ich in sternklaren Nächten den Himmel betrachte oder gewaltige Naturerscheinungen betrachte. Das Gefühl ist toll und unbeschreiblich, aber es ist nur eine Emotion, die mein Körper produziert. Die Wissenschaft kann uns diese Phänomene erklären, nicht zu hundert Prozent, aber jedes Jahr ein paar Promille besser. Dagegen lag die Religion mit ihren Erklärungen und Voraussagungen häufig falsch und wenn sie richtig lag, ging es um universelle Weisheiten (Du sollst nicht töten), Banalitäten oder Gefühle. Es gibt durchaus gläubige Naturwissenschaftler. Die sagen dann, dass die Naturwissenschaft nur den messbaren Teil der Welt erklären kann. Der nicht messbare Teil ist ihrem Zugriff und damit dem der Wissenschaft entzogen. Und da kommt dann wieder das Göttliche ins Spiel.

IMGP7159-1024x678 Der Sinn des Lebens (2023)
Löwenbrunnen, Alhambra, Granada

Völlig richtig, aber welcher Gott? Was dann noch bleibt, ist reine Spekulation, völlig beliebig und nicht belegbar. Wieso sollte ich antike menschengemachte Märchen- und Sagenbücher zurate ziehen, die mir die (moderne) Welt erklären? Da bin ich doch dann lieber bekennender Pastafari[1], der an das fliegende Spaghetti-Monster[2] glaubt und ein Nudelsieb als Zeichen seines Glaubens auf dem Kopf trägt. Das ist zumindest lustig, hält der Religion einen Spiegel vor und diskriminiert keine Schwulen[3] und Meeresfrüchteesser[4].  Oder zwingt mich, die Zwangshandlungen eines Wüstenpredigers nachzumachen und Frauen und Nichtgläubige als minderwertige Wesen zu betrachten.

Nun gut, jeder soll glauben, was er will, solange er mich damit in Ruhe lässt und mich nicht umbringt oder versklavt oder was in den sogenannten „heiligen Büchern“ sonst noch so drinsteht. Die Gläubigen werden jetzt sagen, dass ich die falschen Stellen gelesen oder sie missinterpretiert habe. Da kann ich nur müde gähnen. Und das Paradies oder die Hölle nach dem Tod? Die Orte sind genau dort, wo wir waren, bevor wir geboren wurden. Seelenwanderung und „schlechtes Karma“, wer’s braucht, hat dann damit seine Lösung. Ich glaube an den Humanismus, dass wir als Menschheit uns bemühen sollten, das Leid des einzelnen zu lindern, niemanden gegen seinen Willen zu verletzen oder umzubringen, solange derjenige auch friedlich ist. Und ich glaube, dass wir unsere kleine Erde unseren Nachfahren möglichst in einem guten Zustand übergeben sollen.[5] Am Lebensende wird es dunkel, Körper und Geist zerfallen zu dem, woraus sie sind und waren, Atomverbindungen, Abbauprodukte von Verwesung oder Verbrennung, poetischer ausgedrückt „zu Sternenstaub“.  Das sind meine Rahmen­beding­ungen für ein gelungenes Leben. Die Details, wie ich dies erreiche, sind dann genug Stoff, um weitere Bücher, Podcast-Serien oder Online-Ratgeber zu füllen. Begründen kann ich diesen Glauben freilich auch nur sehr holprig und mein tägliches Handeln war und ist auch nicht immer entsprechend meiner „Ethik“. Aber erstens bin ich (noch) kein Philosoph und zweitens (noch) kein Heiliger. Und Gott soll bleiben, wo er ist. Er wird nicht (mehr) benötigt.

Wissenschaft sei auch eine Religion. Das wird zwar behauptet, stimmt aber nicht. Wissenschaftliche Erkenntnis kann oder muss kritisch hinterfragt und gegebenenfalls widerlegt werden. Die meisten Religionen zwingen zu einem vorbehaltlosen Glauben, Zweifel oder Kritik kann tödlich sein. Schlüssig widerlegen konnte mir bisher niemand meine Einsichten. Möglicherweise kenne ich auch nur die falschen Leute. Aber ich kenne und kannte viele und ich erinnere mich nicht an zwei Personen, die Identisches glaub(t)en – „Personal Jesus“ und ich lege die Heilige Schriften so aus, dass es für mich passt.

Nun ja, wieder solch ein Vortrag, der meine Frau immer noch traurig zurückließ. Aber so ganz von der Hand konnte sie meine Argumente nicht weisen.

Was ist der Sinn des Lebens?
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Sie kommt ursprünglich aus Kamerun und dort waren die meisten Menschen sehr religiös. Früher (20. Jhd.) katholisch oder protestantisch, heute mit der zunehmenden Verschlechterung der Lebensbedingungen, haben evangelikale Prediger extremen Zulauf [6]. „Halleluja-Amen“ war ihre Bezeichnung für diese Sekten, die den Leuten ihr weniges Geld aus der Tasche zogen und das Seelenheil bei Jesus mit meiner Ansicht nach dümmlichen[7] „Halleluja-Amen“-Sprüchen versprachen. An der täglichen Situation hat das überhaupt nichts geändert, die Prediger leben ein „gottgewolltes“ Luxusleben und die Machthaber können weiterhin unbeschadet das Land ausbeuten. Das Paradies fürs Volk kommt spätestens nach dem Tod, paradiesische Zeiten für die Mächtigen sind schon lange angebrochen. Wer wäre in der dramatischen Situation der „normalen“ Bevölkerung für solche Demagogen kein leichtes Opfer? Bei uns rennen sie auch den „braunen Predigern“ schon wieder hinterher. Jeder noch so dünne Strohhalm könnte die Rettung sein. Da helfen nur Bildung, Aufklärung und die richtigen Vorbilder, die nicht gleich wieder als „Gott“ oder „gottgleich“ angehimmelt werden wollen.

[1] https://www.pastafari.eu/

[2] https://de.wikipedia.org/wiki/Fliegendes_Spaghettimonster

[3] 3. Buch Mose Lev 20,13, Röm 1,26–27, u. a.

[4] 3. Buch Mose Lev 11, 1-47, u. a.

[5] Möglicherweise ist das auch nur ein Lippenbekenntnis, ohne entsprechendes Verhalten.

[6] https://youtu.be/PwdEQImGias?si=nEIp9KYuW6f6WdIX

[7] Sorry, aber ich kann das nicht anders bezeichnen.

Kommentar (2)

  • Claudi| Februar 27, 2024

    Hi Andy,
    auch ich bin katholisch\evangelisch geprägt. Einfach weil meine Großeltern an der ehemaligen deutsch\deutschen Grenze, im erzkatholischen Eichsfeld lebten. Und meine Eltern mit mir als kleines Kind, so oft wie möglich, aus der kohleverseuchten Großstadt raus, ins satte Grün zu den Großeltern gefahren sind. Sonntag war es Pflicht in die Kirche zu gehen, was anderes hätte meine Oma nicht geduldet (!). Ich habe es geliebt, in der ersten Reihe zu sitzen, den Erwachsen beim Beten und Singen zu zuhören, und „Pfarrer Meier“ bei der Predigt zu beobachten (weil ein Auge schaute links, das Andere rechts 🙂 ). Getauft bin ich, aber seitens meiner Eltern gab es nie einen Zwang in den „Unterricht“ zu gehen, Kommunion oder ähnl. abzulegen. Ich bin selbst, aus freien Stücken, mit 11 Jahren in die Christenlehre (Nachmittags nach der Schule) gegangen. Klassenkameraden hatten davon erzählt, ich bin mit und der „Unterricht“ war einfach schön und man hat was über den Glauben zu Gott, zu Jesus, zu Martin Luther, zu Martin Luther King usw., in lockerer Atmosphäre, erfahren. In der 8.Klasse bin ich dann zur Konfirmation gegangen. Meine Mama hat immer gesagt, es ist egal ob katholisch oder evangelisch, es glauben alle an den gleichen Gott, wenn du es machen möchtes Kind, dann mach es! – das sah meine Oma etwas anders…aber verhindern konnte sie es nicht ;-). Ich habe mich in der Gemeinschaft wohl gefühlt und das war das Wichtigste. Für mich selbst, ist der Glaube an Gott, an mich selbst zu Glauben und das Gefühl nicht allein zu sein – die starke Seite, das Stehaufmännchen in mir. Alles Andere, die Kirche, ist für mich persönlich von menschenhand geschaffen und nichts von „Gott“ geschaffenes. Glaubenskriege, Ausbeutung vom Menschen durch den Menschen, Angstverbreitung… das hat für mich persönlich nichts mit Gott zu tun. Im Grunde ist es auch egal wie man es nennt und ob man etwas glaubt (Engel, die Kraft der Toten die ein Beschützen), man sollte einfach an sich selbst Glauben. Man ist nun einmal hier auf Erden und sollte es sich so angenehm wie möglich gestalten… sein eigens Fotoalbum im Kopf gestalten und schöne Dinge in diesem „einmaligen“ Leben erleben. Arbeit, Geldverdienen gehört dazu, deshalb sollte man eine Tätigkeit finden, die einem auch nach 10, 20, 30 Jahren immer noch Freude macht, bis zur Rente (Höhen und Tiefen gehören dazu). Ansonsten sollte man in seiner Freizeit Dinge tun, die einem Freunde machen und Spaß bereiten und man so sein „Fotoalbum des Lebens“ bebildern und man Selbstzufrieden hofftl. sehr spät und einigermaßen Gesund wieder von Erden schreiten. Das ist für mich auch „der Sinn des Lebens“, wenn man es so nennen will. Man sollte davon ab kommen, nach links und Rechts auf die Anderen zu schauen oder nach Materiellen zu streben; dies bringt einem nicht die innere Zufriedenheit. Liebe Grüße

    • AndyO| Februar 28, 2024

      Hi Claudi,
      schön, dass du meine Seiten liest. Und schön, dass du als Erste einen Kommentar geschrieben hast. Genieße weiter dein Leben, du bist sicherlich auf dem richtigen Weg. Nur du weißt, was für dich gut ist.
      Liebe Grüße
      Andy

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