Die totale Überwachung...
… hat in Europa längst begonnen. Du glaubst das nicht? Ich auch nicht. Aber viele unserer Mitmenschen schon. Denn alle „Gläubigen“ in aller Welt glauben doch an eine höhere Macht, die das eigene Leben beobachtet, bewertet und dafür am Ende eine Belohnung oder Bestrafung ausspricht – Himmel oder Hölle, Wiedergeburt oder Nirwana. Überwachung pur! Oder wo ist hier ein Unterschied zum Überwachungssystem in Teilen von China? Dort werden die Menschen per Kamera und KI überwacht und für ihre Taten mit Sozialpunkten bei staatlich wünschenswertem Handeln belohnt bzw. bei unerwünschtem Handeln mit Punkteabzug bestraft. Und am Punktestand entscheiden sich die Möglichkeiten des Handlungsspielraums des Einzelnen im Diesseits. Nun ja, das chinesische System ist real und meiner Meinung nach mehr als gruselig. So ein System gilt es zu vermeiden, auch wenn viele davon träumen, wenn sie an Kriminalitätsbekämpfung denken.[1]

Aber zurück zu den „Gläubigen“. Die glauben nicht nur an so ein System, sie finden es ja richtig bzw. unausweichlich. Das ist natürlich Unsinn (für mich) und passt zu der Annahme, dass ihre Zauberer die Realität entgegen allen physikalischen Gesetzen und wissenschaftlichen Erkenntnissen mit ihren Zaubersprüchen verwandeln können. Jetzt werden natürlich viele laut aufschreien, wenn ich den Dorfpfarrer oder gar den Papst als Zauberer bezeichne. Was ist ein Zauberer? Zauberer sind Personen, die Magie praktizieren, also beanspruchen, durch ihre Handlungen übernatürliche Wirkungen zu erzielen. Wenn ein Pfarrer seine Gemeinde segnet, ein Kind tauft oder einem Sterbenden die letzte Ölung erteilt, so verändert er nach seinem Glauben die Realität. Es verändert sich der Zustand der Gesegneten, Gesalbten oder Getauften durch die Ausführung von magischen Handlungen.
Aber Religion ist doch etwas ganz anders?
Wirklich?
Mit Religionsritualen verändert sich die Sichtweise der Gläubigen auf die Welt. Und das ist keine Zauberei? Okay, das ist „Psychologie“!?
Babys, die getauft werden, haben eine veränderte Sichtweise auf die Welt?
Und natürlich nur dann, wenn die Rituale vom „richtigen“ Priester durchgeführt werden. Für alle anderen gilt, „pseudo“-religiöse Handlungen sind Hexerei. So wie es die Spanier der Urbevölkerung von Mittel- und Südamerika oder die Deutschen im Kaiserreich den afrikanischen Kulturen, unterstellten, usw…. Teufelswerk, das vernichtet werden muss. Oder was ist der Streit zwischen Katholiken und Protestanten, Juden, Christen und Moslems?
Warum schreibe ich diese Zeilen? Will ich damit jemanden beleidigen oder lächerlich machen? Vielleicht ein wenig. Wichtiger ist mir aber, die Erkenntnis zu wecken, dass Religion unser Denken stark beeinflusst und einer freiheitlich demokratischen Gesellschaft, die auf einer wissenschaftlich rationalen Grundlage beruhen sollte, entgegensteht. Natürlich darf jeder denken und glauben, was er will.[2] „Magisches Denken“ praktiziert praktisch jede/r. [3] Wenn dieser Glaube aber mein Leben stark beeinflusst und die oben beschriebene Gesellschaftsform gefährdet, sehe ich mich dazu gezwungen, meine Meinung zu formulieren. So sollen Gleichgesinnte dazu motiviert werden, durch Wahlentscheidungen und Meinungsäußerungen politische Entscheidungen in die richtige Richtung zu lenken. In Deutschland sind Staat und Kirche zwar per Verfassung getrennt und dennoch eng verflochten. Staatliche Feierveranstaltungen sind häufig mit Gottesdiensten – inzwischen multireligiös – verbunden. Länderverfassungen haben Gottesbezug[4]. Das darf nicht sein. Der Staat muss wohlweislich neutral sein, was den Glauben betrifft. Es gelten die unveräußerlichen Menschenrechte. Sonst wird der Staat (mit religiösen Argumenten leicht begründbar) doch noch der verlängerte Arm eines „Gottes“ und überwacht als dessen Vertretung seine „Schäfchen“ schon mal vorsorglich zur Bestrafung in der Gegenwart.
[1] Interessanterweise kam, nachdem ich die Zeilen geschrieben hatte, in den Nachrichten im Radio die Meldung, dass die Europäische Union Überwachungstools mit KI und soziale Überwachung wie in China seit heute verboten hat.
Wer die Freiheit aufgibt, um Sicherheit zu gewinnen, wird am Ende beides verlieren. (frei nach Benjamin Franklin)
[2] Wirklich religiöse Menschen sind häufig intelligenter als der Durchschnitt, da die Rechtfertigung des Glaubens eine immense Leistung des Geistes benötigt, um die Gesetze der Logik und des Verstandes (gefühlsmäßig) zu überlisten (Stichwort „kognitive Dissonanz“). Glaube selbst ist aber kein intellektueller, sondern ein emotionaler Akt, der verschiedenste Ursachen in der Psyche des Einzelnen haben kann. (meine persönliche Analyse).
[3] Es fängt damit an, „jemanden einen guten Tag zu wünschen“. 🙂
[4] Etwa Artikel 1 der Landesverfassung Baden-Württemberg:
(1) Der Mensch ist berufen, in der ihn umgebenden Gemeinschaft seine Gaben in Freiheit und in der Erfüllung des christlichen Sittengesetzes zu seinem und der anderen Wohl zu entfalten.