
„Alle Menschen sind gleich“, diesen Satz kennen die meisten Deutschen und ein großer Prozentsatz wird dieser Aussage wohl auch zustimmen. Er bedeutet natürlich nicht, dass sich alle Menschen komplett gleichen, sondern dass sie gleich an Rechten sind, wie der Satz eigentlich mit vollem Inhalt lautet. Aber ist dieser Satz anhand der gelebten Realität denn wirklich zutreffend? Wir sind mit Recht entsetzt, was gerade mit den Menschen in der Ukraine oder im Nahen Osten passiert. Gleichzeitig lassen uns die Kriege in Afrika und massiven Menschenrechtsverletzungen in Fernost aber eher kalt, obwohl die Anzahl der Toten und Verletzten ein wesentlich größeres Ausmaß annehmen. Klar, der Tsunami in Südostasien 2004 hat uns tief geschockt, aber nur, weil auch viele Deutsche unter den Opfern waren. Die aktuelle humane Katastrophe im Sudan mit zigtausend Toten und Millionen von Binnenflüchtlingen ist hierzulande kaum bekannt bzw. wird ignoriert. Dass übrigens ukrainische Sonderkräfte gegen russische Milizen im Sudan um die Herrschaft über die zahlreichen Goldminen kämpfen, ist ein Umstand, der diese beiden menschlichen Katastrophen sogar miteinander verbindet.
Warum ist uns der Krieg in der Ukraine und eine Handvoll ertrunkener deutscher Taucher im Roten Meer, beides ohne Frage schlimme und tragische Dramen, wesentlich wichtiger als das Leid fremder und weit entfernter Menschen?
Allgemeine Betrachtungen
Das Postulat „Alle Menschen sind gleich“ ist ein fundamentaler Gedanke, der tief in der modernen Philosophie, Ethik und Rechtsordnung verankert ist. Es ist eine Maxime, die aus der Aufklärung und den darauf aufbauenden gesellschaftlichen Bewegungen hervorgegangen ist. Gleichzeitig steht dieses Ideal im Spannungsfeld mit den realen menschlichen Beziehungen, die naturgemäß von individuellen Präferenzen und emotionalen Bindungen geprägt sind.
Die naturgegebene Ungleichheit im menschlichen Empfinden
Während das Postulat „Alle Menschen sind gleich“ als universeller Anspruch formuliert wird, entspricht es nicht der gelebten Realität des Einzelnen. Menschen erleben ihre Mitmenschen nicht gleichwertig, sondern bewerten sie oft nach Nähe, Vertrautheit und persönlicher Bedeutung. Familie, Freunde und andere Nahestehende nehmen einen besonderen Stellenwert ein, während Fremde, denen man im Alltag begegnet, oft weniger bedeutsam erscheinen.
Diese selektive Wahrnehmung hat evolutionäre Wurzeln. Die Menschen haben sich über Jahrtausende in kleinen, überschaubaren Gemeinschaften entwickelt, in denen die Loyalität zu einer Gruppe überlebensnotwendig war. Daher ist es ein natürlicher Reflex, Beziehungen innerhalb einer vertrauten sozialen Gruppe höher zu bewerten als die zu Außenstehenden. Doch die Welt hat sich gewandelt, Menschen leben nicht mehr in kleinen, autarken und umherziehenden Gruppen, sondern in komplexen Staatsgebilden, die stark vernetzt und in wechselnden Abhängigkeiten voneinander leben. Ein in der Vergangenheit nützliches Verhalten passt nicht mehr in die Jetztzeit und birgt immense Risiken beim Zusammenleben in großen Gruppen.

Die Rolle staatlicher Regularien zur Förderung von Gleichheit
Gerade weil der Mensch von Natur aus nicht alle anderen Menschen als gleichwertig behandelt, sind in einer verflochtenen Welt staatliche Regularien erforderlich, um einen Ausgleich zu schaffen. Der Staat setzt durch Gesetze und Institutionen Mechanismen durch, die gewährleisten sollen, dass jeder Mensch unabhängig von Herkunft, Religion, Geschlecht oder anderen Unterschieden gleich behandelt wird.
Beispiele dafür sind:
- Die Gleichheit vor dem Gesetz: In einem Rechtsstaat haben alle Menschen denselben Anspruch auf Gerechtigkeit, unabhängig von ihrem sozialen Status. Ein Mordopfer wird rechtlich nicht weniger wichtig behandelt, weil es ein Fremder war, als wenn es sich um ein Familienmitglied des Täters handelte.
- Chancengleichheit: Bildung, Arbeit und soziale Förderung sollen so organisiert werden, dass nicht Herkunft oder andere äußere Merkmale über den Erfolg eines Einzelnen entscheiden.
- Antidiskriminierungsgesetze: Solche Gesetze schützen Minderheiten oder benachteiligte Gruppen vor systematischer Ungleichbehandlung.
Diese Regularien sind notwendig, um die natürliche Tendenz der Menschen, sich stärker um Nahestehende zu kümmern, in einen sozialen und rechtlichen Kontext zu stellen, der das Gemeinwohl über die individuellen Präferenzen hinaus fördert.

Die Deklaration der Menschenrechte als Errungenschaft der Neuzeit
Die Idee, dass alle Menschen von Geburt an gleich sind und gleiche Rechte besitzen, ist historisch eine Errungenschaft der Neuzeit. Sie findet ihren deutlichsten Ausdruck in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte, die 1948 von den Vereinten Nationen verabschiedet wurde.
Diese Erklärung war eine Antwort auf die Schrecken des Zweiten Weltkriegs, insbesondere auf die systematische Verfolgung und Ermordung von Menschen aufgrund ihrer ethnischen Zugehörigkeit, Religion oder politischen Überzeugungen. Sie stellt fest, dass alle Menschen dieselben unveräußerlichen Rechte haben, darunter:
- Das Recht auf Leben, Freiheit und Sicherheit.
- Gleichheit vor dem Gesetz.
- Meinungs-, Religions- und Versammlungsfreiheit.
Die Deklaration ist jedoch nicht nur ein juristisches Dokument, sondern auch ein moralischer Kompass. Sie fordert die Staaten der Welt dazu auf, die Gleichheit aller Menschen anzuerkennen und zu fördern – unabhängig davon, ob sie diesen Grundsatz in ihrem sozialen Alltag umsetzen können.
Als Erklärung der UN-Generalversammlung hat sie zwar nicht die rechtsverbindliche Kraft eines Vertrages, der von Einzelstaaten ratifiziert werden kann, doch sie hat politisch und moralisch ein sehr großes Gewicht. Ihre Bestimmungen sind in viele nationale Verfassungen aufgenommen worden und es ist inzwischen anerkannt, dass einige ihrer Bestimmungen bindendes Völkergewohnheitsrecht und teilweise sogar zwingendes Völkerrecht sind. Zwingendes Völkerrecht bedeutet, dass kein Staat davon abweichen darf. Das betrifft zum Beispiel die Verbote der Sklaverei, der Folter und der rassistischen Diskriminierung.
Quelle: https://www.bmz.de/de/service/lexikon/allgemeine-erklaerung-der-menschenrechte-60138)
Bezug zum Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland
Das Postulat „Alle Menschen sind gleich“ findet im Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland (GG) eine zentrale Verankerung und zeigt, wie diese Idee in einer modernen Rechtsordnung konkret umgesetzt wird. Das Grundgesetz ist nicht nur die rechtliche, sondern auch die moralische Grundlage der deutschen Demokratie. Es enthält zahlreiche Artikel, die das Prinzip der Gleichheit und die daraus abgeleiteten Menschenrechte schützen und fördern.
Artikel 1 GG: Die Würde des Menschen
Der erste Artikel des Grundgesetzes stellt die unantastbare Würde des Menschen ins Zentrum:
„Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.“
Dieser Satz legt die Grundlage für die Gleichheit aller Menschen, indem er feststellt, dass jeder Mensch – unabhängig von Herkunft, Religion, Geschlecht oder anderen Merkmalen – eine unantastbare Würde besitzt. Die Menschenwürde ist unteilbar, was bedeutet, dass sie allen Menschen gleichermaßen zukommt.
Artikel 3 GG: Der Gleichheitsgrundsatz
Artikel 3 GG macht die Gleichheit vor dem Gesetz explizit:
„Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.“
Dieser Satz konkretisiert das Postulat und sichert, dass der Staat keine willkürliche Ungleichbehandlung dulden darf. Die nachfolgenden Absätze von Artikel 3 verdeutlichen dies weiter:
- Absatz 2: „Männer und Frauen sind gleichberechtigt.“
- Absatz 3: „Niemand darf wegen seines Geschlechts, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden.“
Artikel 3 zeigt, dass der Staat verpflichtet ist, strukturelle oder institutionelle Diskriminierung abzubauen und allen Menschen gleiche Chancen und Rechte zu garantieren.

Das Grundgesetz als Schutzschild gegen subjektive Ungleichheit
Das Grundgesetz greift die oben beschriebene natürliche Tendenz des Menschen, zwischen Nahestehenden und Fremden zu unterscheiden, bewusst auf und stellt dieser subjektiven Wahrnehmung objektive staatliche Vorgaben entgegen. Es verlangt von staatlichen Institutionen, das Ideal der Gleichheit vor dem Gesetz zu verwirklichen, auch wenn der Einzelne emotional oder intuitiv anders handelt.
Ein Beispiel ist das Prinzip der Chancengleichheit im Bildungswesen: Der Staat sorgt durch Förderprogramme, Unterstützung benachteiligter Kinder und Zugang zu kostenloser Bildung dafür, dass nicht persönliche Vorlieben oder soziale Herkunft über den Lebensweg entscheiden.
Die Verbindung zur Deklaration der Menschenrechte

Das Grundgesetz wurde 1949 in einem historischen Kontext geschaffen, der eng mit der Universalität der Menschenrechte verknüpft ist. Die Schrecken des Nationalsozialismus und des Zweiten Weltkriegs hatten gezeigt, wie zerstörerisch eine Ideologie sein kann, die die Gleichheit der Menschen leugnet.
Artikel 1 GG spiegelt diesen Bezug ausdrücklich wider:
„Das Deutsche Volk bekennt sich […] zu den unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.“
Hier wird die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte von 1948 nicht nur zitiert, sondern zur Grundlage des deutschen Rechts gemacht. Die Gleichheit vor dem Gesetz wird so zu einem verbindlichen Prinzip, das auf nationaler und internationaler Ebene verankert ist.
Die praktische Umsetzung des Gleichheitsgebots im deutschen Recht
Das Gleichheitsgebot ist nicht nur eine abstrakte Idee, sondern wird durch zahlreiche Gesetze konkretisiert:
- Antidiskriminierungsgesetz (AGG): Dieses Gesetz schützt Menschen in Bereichen wie Arbeit und Wohnen vor Benachteiligung aufgrund von Merkmalen wie Geschlecht, Herkunft oder Religion.
- Gesetz zur Förderung von Gleichberechtigung: Maßnahmen wie die Frauenquote in Führungspositionen sollen strukturelle Benachteiligungen abbauen und echte Gleichstellung schaffen.
- Gleichstellung von Ehe und Partnerschaft: Mit der Einführung der „Ehe für alle“ 2017 hat der Staat ein weiteres Signal gesetzt, dass rechtliche Gleichheit unabhängig von sexueller Orientierung gelten muss.
Das Spannungsfeld zwischen Ideal und Realität
Trotz der klaren Verankerung des Gleichheitsgrundsatzes im Grundgesetz und den damit verbundenen Fortschritten gibt es auch in Deutschland weiterhin gesellschaftliche Herausforderungen. Ökonomische Ungleichheit, Diskriminierungserfahrungen und Vorurteile zeigen, dass das Ideal der Gleichheit ein fortlaufender Prozess ist, der ständiger Aufmerksamkeit bedarf.
Der Staat hat die Aufgabe, Ungleichheiten auszugleichen, aber er stößt an Grenzen, wenn tief verankerte Vorurteile und emotionale Präferenzen im sozialen Miteinander die Gleichstellung behindern. In solchen Fällen ist die Zivilgesellschaft gefordert, das Bewusstsein für die Bedeutung der Gleichheit aller Menschen zu stärken.
Der gesellschaftliche Fortschritt durch Gleichheit vor dem Gesetz
Trotz dieser Spannungen hat das Prinzip der Gleichheit tiefgreifende Fortschritte ermöglicht. Es hat dazu beigetragen, viele Formen der Unterdrückung und Diskriminierung abzubauen, darunter Sklaverei, Apartheid und institutionelle Ungleichheit der Geschlechter. Es hat gleichgeschlechtliche Ehen und gleichgestellte Identitäten, jenseits von Kategorien wie „Mann“ und „Frau“, ermöglicht. Die Gleichheit vor dem Gesetz ist ein zentraler Faktor, der modernen Gesellschaften nach westlichem Vorbild Stabilität und Gerechtigkeit verleiht.
Fazit

Das Postulat „Alle Menschen sind gleich“ ist eine Errungenschaft der Aufklärung und ein grundlegender Bestandteil moderner Gesellschaften. Es bildet das Fundament für die Gleichheit vor dem Gesetz und den Schutz der Menschenrechte und wird im Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland umfassend und rechtlich bindend verankert. Insbesondere Artikel 1 und Artikel 3 GG bilden das Fundament dafür, dass jeder Mensch in Deutschland unabhängig von Herkunft, Geschlecht oder Überzeugung gleichwertig behandelt wird.
Das Grundgesetz hebt dabei das Ideal der Gleichheit auf eine Ebene, die über persönliche Vorlieben und subjektive Bindungen hinausgeht. Es fordert den Staat und die Gesellschaft auf, systematische Ungleichheit zu bekämpfen und die Würde jedes Einzelnen zu schützen. Dadurch wird die Brücke geschlagen zwischen dem menschlichen Bedürfnis nach emotionaler Bindung und dem universellen Anspruch auf Gleichheit vor dem Gesetz. Gleichzeitig wird deutlich, dass für den Einzelnen nicht alle Menschen gleich sind, da persönliche Beziehungen und Bindungen emotional und moralisch eine größere Rolle spielen.
Die Herausforderung unserer Zeit besteht darin, diese natürliche Ungleichheit des Empfindens mit der gesellschaftlichen Notwendigkeit der Gleichheit zu vereinen. Staatliche Regularien und die universelle Anerkennung der Menschenrechte dienen dazu, diesen Ausgleich herzustellen und sicherzustellen, dass das Ideal der Gleichheit nicht nur eine Theorie bleibt, sondern in der Praxis umgesetzt wird. Es gibt gesellschaftliche Kräfte und Parteien, die diesen Bestrebungen entgegenwirken. Sie versuchen, die rechtsstaatliche Entwicklung zu behindern und erreichte Fortschritte rückgängig zu machen. Diese faschistischen und antidemokratischen Tendenzen haben bereits vor hundert Jahren einen Weltbrand verursacht, den es im 21. Jahrhundert zu verhindern gilt.
…zum Thema in englischer Sprache (KI-erzeugt)
Und wie könnte es weitergehen: „Von nationaler Identität zu einer globalen Gemeinschaft.“