Landschaft, im Hintergrund der Mont Batcha

Chefferien, Bergland und viel Natur, das ist kurz gefasst, was Westkamerun für mich im Wesentlichen beschreibt. Chefferien sind die Zentrale kleiner Königreiche, eigentlich eher Grafschaften, die ein Stammesgebiet mit einem „Chef“ und einer untertänigen Bevölkerung umfassen. Die Herrschaft wird vererbt und häufig sind die Häuptlinge auch im kamerunischen Parlament Mitglied. Die eigentliche Chefferie besteht häufig aus zahlreichen imposanten Gebäuden, meist aus Holz, Lehm und Stein.

Der „Chef“ hält Audienz in einem Thronsaal mit einem mehr oder weniger imposanten Thron als Zentrum. Er leitet die Stammangehörigen und spricht traditionelles Recht, da die Chefferien ein Überbleibsel der administrativen Strukturen vor der Kolonialisierung sind. Da wir bei unserem ersten Besuch vor zwölf Jahren zahlreiche Chefferien besucht hatten, haben wir bei unserem diesjährigen Kurztrip andere Prioritäten gesetzt. Bilder von damals gibt’s trotzdem.

Bafoussam

Zunächst machte uns unsere Unterkunft in Bafoussam, der Hauptstadt der Region Ouest, einen Strich durch die Rechnung. Nicht nur, dass die über Airbnb gebuchte Wohnung in einem „gefährlichen“ Stadtteil lag, nein, die Wohnung und die Betten waren schmutzig und es gab kein fließendes Wasser. Die Toiletten waren ekelerregend, selbst für meine kamerunischen Mitreisenden, die eigentlich viel gewohnt sind.

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Unsere Wohnung in Bafoussam

Aber bei der Ankunft war es bereits spät und so mussten wir zumindest eine Nacht hierbleiben. Immerhin war das Haus derart abgesichert, dass ein Einbruch unwahrscheinlich schien.

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Die Nachbarschaft
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Hier biegt man zur Wohnung ab.

Wir waren am selben Tag die 300 km aus Yaoundé angereist. Die Straße zwischen den beiden Städten war erstaunlich gut ausgebaut, keine Schlaglöcher und wenig Verkehr. Angeblich wohnen entlang der Strecke wichtige Persönlichkeiten mit viel politischem Einfluss – es geht also doch!! Oder: es lebe die Korruption. Und so war diese Fahrt eine der angenehmsten während unseres Kamerun-Aufenthalts. Landschaftlich war die Reise allerdings eher von der langweiligen Art, flaches Buschland mit wenig Abwechslung. Und, wie uns Einheimische berichteten, seit Langem ohne genügend Regen für die Landwirtschaft.

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Unsere Route, quelle: https://maps.google.com/

Jetzt aber wollten wir zuerst einmal etwas essen gehen. Angeblich konnte man die Restaurants im Zentrum fußläufig erreichen. Das „Quartier“, in dem unsere Wohnung lag, war ziemlich heruntergekommen, immerhin war es bis jetzt nicht komplett dunkel und so erreichten wir das belebte Stadtzentrum nach ca. einer halben Stunde. Erst mal einen Geldautomaten finden, um wieder „flüssig“ zu sein. Ein Wachmann zeigte uns den Weg. Leider spuckte dieser Automat nichts aus, außer unserer Karte, das hieß „weiter suchen“. Nicht weit entfernt war die „Afriland First Bank“. Und hier gab’s ebenfalls einen freien „ATM“, also Geldautomaten. Bedauerlicherweise hat er zwar alle Eingaben angenommen und dann aber die neue Kreditkarte der DKB geschluckt, soviel zum Versprechen des kostenlosen Bargelds im Ausland. Zum Glück konnten wir die Karte am nächsten Tag wieder recht unbürokratisch abholen. Mit der Kreditkarte meiner Raiffeisenbank gab es dann doch noch Bargeld – wenn auch mit hohen Gebühren. Und dann haben wir vor der Bank auch noch einen Tipp für ein gutes Restaurant bekommen, das wir mit dem Taxi nach einiger Sucherei erreichten. Der Tipp hatte sich gelohnt, das Essen war wirklich lecker (Asat Restaurant, hinter der BICEC Bank). Der Tippgeber vom Markt saß übrigens auch im Lokal, als wir dort ankamen.

Boutanga

Am nächsten Morgen hatten wir in Windeseile gepackt und unser Gepäck im Auto verstaut. Der Vermieter, der in Kanada wohnte, hatte zwar seine Beauftragten vor Ort noch einmal instruiert. Aber die vorhandenen Mängel waren nicht zu beheben. Er war auch nur zu einer kleinen Rückerstattung des von uns vorab bezahlten Betrag zurückzuerstatten. Das ist der große Nachteil von Airbnb, wenn man in Ländern ist, die Telefonanrufe an die Hotline in Europa erschweren. Bei Problemen lehnen die sich erst mal bequem zurück. Die Vermittlungsgebühren sind schließlich bezahlt. Es sollte nicht unsere letzte Enttäuschung mit Airbnb sein.

(Kurzer Nachtrag:
Zur Verteidigung von Airbnb: Bei ähnlichen Problemen in Frankreich hat die telefonische Hotline mir mehrfach problemlos und sehr unbürokratisch geholfen.)

Wir hatten als nächstes Domizil ein Hotel in der Nähe von Bangangté ausgesucht. Es lag sozusagen „voll im Busch“ in ca. 1500 m Höhe. Die Villa Boutanga stellte sich als ein sehr interessantes Projekt einer sozialen Organisation heraus. Hier werden unter anderem kamerunische Kinder und Jugendliche unterrichtet und ausgebildet, um so der Landflucht entgegenzuwirken und den Jugendlichen eine außerakademische Ausbildung zu ermöglichen.

Die Zimmer waren zwar einfach, aber sauber. Toiletten und Duschen gab es nur auf dem Gang, die besser ausgestatteten Zimmer waren leider belegt. Aber es gab Wasser aus der Leitung und ein Restaurant. Das Abendessen und Frühstück waren also gesichert und ohne Eigenarbeit zu genießen, auch mal schön.

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Villa Boutanga, Quelle: https://maps.google.com/

Die Lage ist idyllisch, wie bereits bemerkt, in ca. 1500 m über Meereshöhe. Die Temperaturen sind hier noch erträglicher. Der Ausblick in die umliegenden Tallagen erinnert mit den dahinter liegenden Berggipfeln ans französische Jura, bis auf die Vegetation, die dann beim genauen Hinsehen doch tropisch ausgeprägt ist.

Wir wurden durch eine sympathische und kompetente Mitarbeiterin durch die Einrichtungen der „Fondation Gacha“ geführt. Ein Höhepunkt war der museale Teil. Hier werden Kultgegenstände aus vorkolonialer Zeit ausgestellt, die wunderschön gearbeitet und von hohem kulturellem Wert sind.  Wir durften die meisten Gegenstände nicht fotografieren, wohl ein Sicherheitsaspekt. Interessanterweise war die ganze Führung kostenlos, in Kamerun eher ungewöhnlich, da meistens ein oder mehrere „Wächter“ selbst für Naturphänomene Geld wollen. Europäer können so etwas bezahlen, Kameruner eher nicht. Anstelle mit gastronomischen Angeboten oder Andenkenartikeln Geld zu verdienen, werden so die meisten Besucher eher abgeschreckt. Dazu später mehr.

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Batchingou ...

… liegt ebenfalls im Bergland Westkameruns und ist über eine kleine, teils ungeteerte Straße zu erreichen. Wir wollten dort das Grab einer engen Freundin, ja fast schon eines Familienmitglieds, besuchen. Sie war erst vor einiger Zeit in Paris verstorben und hier in ihrer Heimat, im Garten des im Bau befindlichen Familienhauses, beerdigt worden. Das ist in Kamerun so üblich. Verstorbene werden bevorzugt auf eigenem Grund und Boden beerdigt, um so den Ahnen und den noch Lebenden nahe zu sein. Auch wenn viele in den großen Städten leben, so ist die Verbindung zur Herkunftsgegend sehr ausgeprägt und der letzte Gang führt im optimalen Fall in den Geburtsort oder den Ort, aus dem die Familie abstammt. Vielfach sind die Familien auf der ganzen Welt verstreut, weil das die wirtschaftlichen Verhältnisse Kameruns erforderlich gemacht haben. Die Familienmitglieder in der sogenannten Diaspora finden sich bei einer Familienfeier wie Hochzeit oder auch Beerdigung häufig wieder in der ursprünglichen Heimat zusammen.

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Grabstelle

So traurig der Anlass auch war, so ergreifend war der Besuch aber doch. Eingebettet in einer malerischen Landschaft, mit Bergen, Tälern und vielen Erdnusspflanzungen, war das Grab hinter der kleinen Villa noch mit Trockenblumen geschmückt. Direkt nebenan spielte eine Horde Kinder Fußball auf einem Bolzplatz, eine perfekte Idylle.  Zwei ältere Frauen bearbeiteten auf einem Feld den Boden und begrüßten uns freundlich neugierig und freuten sich über unseren Besuch des Grabes. So oder so ähnlich war es auch bei uns in Baden auf dem Land vor 60 Jahren, die zwei Alten hätten auch meine Großmütter sein können.

Tagidor Garden Hôtel de Bangou

Mitten im Nirgendwo liegt eine Luxusanlage mit großen Parkanlagen, Teichen, Tierstatuen, einem großen Schwimmbecken, luxuriösen Wohnungen und einer pompösen Residenz, die über der ganzen Anlage thront. Hier hat sich jemand ein Denkmal setzen wollen, der keinen Geschmack hat und europäischen Luxus oder was er dafür hält, kopieren wollte. Nun ja, meine kamerunischen Begleiterinnen waren vom Hotelkomplex begeistert, ich nur sehr verwundert, was hat so etwas mit Kamerun gemeinsam? Irgendwelche afrikanischen Nationalmannschaften haben hier für die Afrikameisterschaften residiert. Wir können uns hier kein Zimmer leisten und wollen das auch nicht. Ach ja, diese Führung hat natürlich was gekostet. Dafür gab’s eine Toilette, die ich dringend benötigt habe, da meine Verdauung, wie so häufig hier, wieder stark durcheinander war. Nach einer Stunde waren wir wieder in der afrikanischen Realität und auf dem Weg zum nächsten Ziel.

Ekom-Wasserfälle

Um es vorab zu sagen, ich habe die Wasserfälle nicht gesehen. Aber hier die Geschichte dazu:
Der Weg zu den Wasserfällen war schlecht ausgeschildert, aber dank TomTom hofften wir dennoch, auf dem richtigen Weg zu sein.  Nach ca. 12 km Schotterpiste wurden wir von zwei zunächst freundlich winkenden Einheimischen gestoppt.  Sie wollten uns den Weg und dann die Wasserfälle zeigen, für einen entsprechenden Obolus. Der Preis schien sehr hoch und da es ohnehin schon dämmerte, war klar, dass wir von den Wasserfällen nicht allzu viel sehen würden. Außerdem war an den langwierigen Abstieg direkt an den Wasserfall mit meinem schmerzenden Sprunggelenk nicht zu denken. Egal, der Preis stand fest und die beiden wurden immer unfreundlicher. Dass europäische Touristen für den Besuch von Sehenswürdigkeiten etwas bezahlen müssen, kann ich verstehen. Aber dass (meistens mittellose) Kameruner für die Besichtigung eines Wasserfalls, ohne außergewöhnliche Infrastrukturbauten zahlen sollen, kann ich nicht nachvollziehen. Also Tschüss, wir fahren wieder. Mit dem Verkauf von gekühlten Getränken oder einer Kleinigkeit zu essen hätten die beiden wohl bessere Geschäfte gemacht als mit der versuchten Abzocke.

Nkongsamba

Hier wollten wir übernachten. Das zunächst ausgewählte Hotel entsprach nicht unserem Geldbeutel, und so suchten wir ein Hotel, das meinen Begleiterinnen aus einem vorherigen Aufenthalt bekannt war. Das war jedoch nicht so leicht zu finden. Google Maps und der Orientierungssinn der Frauen versagten. Zudem war es inzwischen selbst in der Stadt stockdunkel. Ein netter Motorradfahrer hat uns dann aber den Weg gezeigt und wir fanden tatsächlich zwei Zimmer für die Nacht – auch nicht ganz billig, dafür aber auch nicht sehr bequem. Und zu essen gab’s auch nichts, dafür mussten wir erst umständlich etwas aus der Stadt per Motorrad-Taxi holen. Der größte Hunger war somit gestillt. Jetzt nur noch schlafen.

... wo der Pfeffer wächst

Die Rückfahrt nach Douala begann frühmorgens um 5 Uhr, da wir spätestens um 10 Uhr in Douala sein mussten, um unseren Leihwagen abzugeben. Es war stockdunkel und auf der Landstraße war reger Verkehr. Die entgegenkommenden Lkws und Busse hatten alle voll aufgeblendet und das eigene Licht erhellte kaum die Fahrbahn. Eigentlich viel zu gefährlich, um weiterzufahren. Die Fahrbahn war nachts natürlich genauso miserabel wie tagsüber, nur sah man die Schlaglöcher, wenn überhaupt, sehr viel später. Die Überholmanöver der entgegenkommenden Fahrzeuge waren teilweise kriminell. Mehr als einmal musste ich „voll in die Eisen“ und rechts „in die Pampa“ fahren.

Ab 6 Uhr wurde es langsam heller. Rechts und links waren Pfeffer-Plantagen zu sehen und auf den Märkten der an der Route liegenden Dörfer wurde dieser Pfeffer vermarktet. Gekauft haben wir allerdings nichts, auch wenn wir im Vergleich zu Douala einiges hätten sparen können. Denn wir hatten versprochen, von dem angeblich zweitbesten Pfeffer der Welt etwas mit nach Hause in Deutschland zu bringen.

Die Verbindung zwischen Douala und Nkongsamba ist eine sehr stark befahrene Strecke, weil hier viele Güter, aber auch Personen befördert werden. Dennoch ist es die schlechteste Straße, die ich in Kamerun erlebt habe. Unvorstellbar große Streckenteile ohne Belag und mit Vertiefungen und Schlamm- und Wasseransammlungen, wie man sie vielleicht irgendwo im Busch erwartet hätte. Immerhin war der Toyota soweit geländegängig, dass wir nur in den seltensten Fällen aufsetzten. Warum der kamerunische Staat hier keine vernünftige Infrastruktur ermöglicht, ist nicht zu verstehen. Hier wird die wirtschaftliche Entwicklung verhindert und die Staatsverdrossenheit gefördert.

Wir sind dann auch rechtzeitig in Douala angekommen, haben das verschlammte Auto reinigen lassen und dann versucht, den Vermieter zu erreichen. Typisch kamerunisches Zeitverständnis, der Termin um 10 Uhr, der angeblich der letztmögliche war, wurde von ihm dann um locker zwei Stunden überzogen. Hätten wir das vorher gewusst, so hätten wir nach Sonnenaufgang losfahren können und uns nicht in Lebensgefahr begeben müssen (die Fahrt war, wenn man sie mit europäischen Augen im Nachhinein betrachtet, wirklich sehr gefährlich).

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